Die Gründung

Im Jahre 1898 wurde unser Verein „Fidelia Oberhausen" gegründet. Sinn und Zweck der Gründung war die Pflege des deutschen Liedes in einer Gemeinschaft Gleichgesinnter. Es war in dem Jahre, als Bismarck starb und Kaiser Wilhelm I1. regierte.

Am 6. März 1898 fand im Gasthaus „Zur Krone" die erste Vorstandswahl statt. Die Chronik nennt folgende Namen:

1. Vorstand H. Läuser
2. Vorstand Robert Zieger
Schriftführer Machauer
Kassier Weick
Ausschussmitglieder Lori Adler

Kronenwirt Lindemann

Engelbert Machauer

Wilhelm Rothardt
Vereinsdiener Franz Einsiedler

Die erste Generalversammlung war am 15. Mai 1899, die mit wenigen Ausnahmen dieselben Männer an der Spitze des Vereins nennt. Erster Vorstand wurde Robert Zieger, der den Verein bis 1904 führte. An diesem 15.05.1899 verpflichteten sich 70 Männer mit Unterschrift zur Anerkennung folgender Statuten:

  1. Das Eintrittsgeld für aktive Mitglieder beträgt 50 Pfennig.
  2. Will jemand als passives Mitglied vor einer bevorstehenden Festlichkeit oder Unterhaltung in den Verein eintreten, hat er den halbjährigen Beitrag von 60 Pfennig zu bezahlen.
  3. Unentschuldigtes Fehlen bei Gesangsproben wird mit 10 Pfennig bestraft.
  4. Der Verein verpflichtet sich gegenüber den passiven Mitgliedern, in jedem Quartal eine Unterhaltung zu geben.
  5. Wer bei Aufführungen, Ausflügen usw. ohne genügenden Grund fehlt, verfällt in eine Strafe von 50 Pfennig.
  6. Sämtliche Strafgelder sind bei dem nächsten Erscheinen des Bestraften an den Kassier zu entrichten.
  7. Ohne weitere Anordnung hat vierteljährlich eine Vorstandssitzung stattzufinden, wobei Revision der Kasse vorzunehmen ist.

Der Kassenbestand wies für diesen Tag 52 Mark 18 Pfennig aus.

 

Die erste Vereinsfahne und ihre Weihe

Unter der umsichtigen Vereinsführung von Robert Zieger wurde außer der Pflege eines reichen Vereinslebens der finanzielle Grundstock zur Anschaffung einer Vereinsfahne gelegt. Für 380 Mark wurde die erste Fahne unserer „Fidelia" bei der Kunststickerei Albrecht in Kaiserslautern in Auftrag gegeben.

Die Fahnenweihe sollte im Rahmen eines großen Sängerfestes vom 17. bis 19. August 1901 stattfinden. Über die Vorbereitungen berichtet der Chronist vom 17. April 1901 wie folgt:

„Bei der heutigen Verwaltungsratssitzung wurde das Spielen der Festmusik an Herrn Karl Ripplinger von hier vergeben. Derselbe verpflichtet sich, am 17. August abends mit 7 Musikern nebst Tambour und Schlagzeug einen Fackelzug nebst Conzert zu spielen; am 18. August mit 14 Musikern nebst Tambour und Schlagzeug Tagreveille (Weckruf, Anm. RS), Kirchgang, mittags von 11 bis 1 Uhr Abholen der auswärtigen Vereine nebst Festzug und Conzert auf dem Festplatz zu spielen. Abends teilt sich die Kapelle in zwei Abteilungen; die eine derselben hat Tanzmusik, die andere Conzert zu spielen. Am Montagnachmittag ist ab 12 Uhr mit 10 Musikern auf dem Festplatz Conzert zu spielen. Derselbe erhält dafür 190 Mark netto, was hiermit durch seine Unterschrift beglaubigt wird."

In der Zeit der Vorbereitung auf das eigene große Fest nahmen die „Fidelianer" auch noch an mehreren „Wettgesangskonzerten" teil, von denen sie als Preise Medaillen und Urkunden mit nach Hause brachten. Der große Tag der Fahnenweihe verlief wie vorgesehen. An dem Fest nahmen 33 auswärtige Vereine teil, mit weit über 1.000 aktiven Sängern. (Diese Zahl lässt sich leicht errechnen aus der protokollarisch festgehaltenen Liste der Gastvereine unter 35 Sängern und über 35 Sängern.) Alle Gesangvereine der näheren und weiteren Umgebung diesseits und jenseits des Rheins waren vertreten. Eine besondere Erwähnung im Protokollbuch fand der Bruderverein „Eintracht Weinheim", der unsere Fidelia „mit einem stehend-silberbeschlagenen Trinkhorn" beschenkte. Über das große Fest wird wie folgt berichtet:

„Am 17., 18. und 19. August 1901 feierte der Verein das Fest seiner Fahnenweihe verbunden mit Wettgesang. Als Preisrichter fungierten die Herren Gönner von Karlsruhe und Neuert von Pforzheim. Das Fest wurde eröffnet am 17. August abends 8 Uhr mit Fackelzug, bei demselben beteiligten sich der festgebende Verein, die Freiwillige Feuerwehr, der Radfahrer-Verein, der Militärverein und Turnverein von Oberhausen. Nach demselben war Bierbankett im Vereinslokal zur Krone, welches sehr schön und gemütlich verlief.

Am 18. August morgens früh 5 Uhr Tagreveille, um 6 Uhr Kirchgang, wo die kirchliche Weihe unserer Fahne stattfand. Nach demselben Abholung der auswärtigen Vereine. Nach dem Wettgesang am Nachmittag Aufstellung zum Festzug auf der Philippsburger Straße, woran sich sämtliche Vereine beteiligten. Umzug durch die Wiesenthalerstraße, Baumgasse, Waghäuselerstraße, Fleischgasse, Krautgasse und Rheinhäuserstraße nach dem Festplatze, welcher sich an der Kirchengasse rechts den Bruchgärten befand. Abends 8 Uhr war Festball mit Concert im Vereinslokal Am 19. August montags morgens 10 Uhr Frühschoppenconcert im Vereinslokal und mittags 12 Uhr Abmarsch zum Festplatz, wo allgemeine Volksbelustigung stattfand."

 

Wachstum und Aufstieg

Die weiteren Jahre standen im Zeichen eines stetigen Aufstiegs des Vereins. Das beweisen die Berichte über die erfolgreiche Teilnahme an Gesangswettstreiten, bei denen die Fidelianer mehr als einmal in ihrer Gruppe als Tagesbeste neben dem 1. Preis auch noch einen Ehrenpreis mit nach Hause brachten. Der Verein sang in dieser Zeit unter der Stabführung von Hauptlehrer Schoenig, der für seine Verdienste um den Verein mehrmals öffentlich geehrt wurde.

Eine besondere Ehrung erfuhr auch der scheidende 1. Vorstand Robert Zieger, der in Anerkennung seiner großen Verdienste, die er sich um den Verein erworben hatte, einstimmig zum „Präsidenten des Vereins" ernannt wurde.

Die Geschicke des Vereins leitete von 1905 an Pius Werner. Als 1. Vorstand schlug er eine Änderung der Statuten des Vereins vor, „um dieselben der Neuzeit anzupassen". Mit Mehrheit wurde unter anderem beschlossen, die Vorstandschaft nicht wie bisher jedes Jahr zu wählen, sondern ab jetzt erst alle drei Jahre Neuwahlen abzuhalten.

 

Ehrenämter im Verein

Als Ämter waren neben dem 1. und 2. Vorstand, neben Schriftführer, Kassier und Verwaltungsmitgliedern auch die Funktionen eines Hauptmanns und eines Fahnenträgers mit zwei Begleitern zu vergeben.

Die Vorstandschaft des Jahres 1905 setzte sich wie folgt zusammen:

1. Vorstand: Pius Werner
2. Vorstand: Carl Zieger (später 1. Vorstand)
Schriftführer: Theodor Zollt
Kassier: Philipp Rothardt
Verwaltungsratsmitglieder: Friedrich Mehner
Gustav Unser
Hans Osterroth
Baptist Ripplinger
Mathias Rostock
Vitus Ripplinger
Hauptmann: Oskar Alt
Fahnenträger: Johann Götzmann
Fahnenträgerbegleiter: Hermann Nissel
Josef Alt

Die Stelle des Vereinsdieners wurde nach wie vor alljährlich versteigert. Das jährlich für 20 Mark und Beitragsfreiheit angebotene Amt wurde an denjenigen vergeben, der geneigt war, für die geringste Bezahlung dem Verein zu dienen. So ersteigerte der 1. Vereinsdiener sein Amt für 6 Mark. Mit seiner Unterschrift im Protokollbuch verpflichtete er sich, „alle Vereinsangelegenheiten gewissenhaft zu erledigen und die Beiträge der aktiven und passiven Mitglieder alle Vierteljahre einzuziehen". Es gab damals eben noch sehr viele Idealisten, die für ihren Verein um wenig Geld tätig sein wollten.

 

Die Fidelia im Sängerwettstreit

Die längere Amtszeit der Vorstandschaft wirkte sich positiv auf das Vereinsleben aus. Die Mitgliederzahl wuchs ständig. Der Eintrag vom 26.01.1914 nennt 60 aktive und 64 passive Fidelianer. Der Chor stellte sein musikalisches Können auf vielen Sängerfesten der näheren und weiteren Umgebung unter Beweis. Glanzpunkte im Vereinsleben der aktiven Sänger waren die 1a-Preise mit Diplomen auf folgenden Sängerfesten:

  • 1904 in Berghausen mit einer goldenen Medaille und zwei silbernen Bechern
  • 1908 in Hambrücken mit einer goldenen Medaille und einem Pokal als Ehrenpreis
  • 1913 in Wiesental mit einer goldenen Medaille und einem goldenen Kranz
  • 1914 in Kirrlach Geldpreis 100 Mark und einem goldenen Kranz

Bei allen „Sängerwettstreiten" hatten die Vereine einen Pflichtchor und einen selbstgewählten Chor vorzutragen, für die sie von den Preisrichtern Punkte bekamen. Im Einzelnen wurde nach folgenden Gesichtspunkten gewertet: Tonreinheit, Aussprache, Rhythmik, Dynamik, Auffassung, Stimmenausgleichung und Schwierigkeit.

Bis zum Jahre 1912 dirigierte Hauptlehrer Schoenig den Verein, dann übernahm das Amt des Dirigenten Hauptlehrer Schanz. Auf der Verwaltungsratssitzung vom 2. März 1913 wurde er beauftragt, zum Preise von 300 Mark bei der Firma Ludwig Schweisguth in Karlsruhe für den Verein ein Klavier zu kaufen.

 

Geselligkeit

Das Vereinsleben erschöpfte sich aber nicht nur im Singen und im Besuch von Sängerfesten. Die Vereinsleitung nahm es ernst mit dem Punkt 4 der Statuten, der den Mitgliedern in jedem Quartal eine Veranstaltung zusicherte: Um die Fastnachtszeit gab es die „Humoristische Abendunterhaltung" mit „Glückshafen" und anschließendem Tanz. Etwas später waren die Mai- und Sommerausflüge. Im Herbst wurde den Mitgliedern ein Festkonzert geboten, und im Dezember fanden die beliebten Weihnachtsfeiern mit Theateraufführungen statt.

Interessant ist eine Eintragung von der Verwaltungssitzung am 9. November 1909, in der es heißt:

  1. Die Weihnachtsabendunterhaltung soll in diesem Jahr in Anbetracht der allgemeinen schlechten finanziellen Lage und indem die Zeit zwischen Neujahr und Fastnacht so kurz ist, ausfallen, dagegen soll der Ball festlicher und reichhaltiger in Theaterstücken abgehalten werden. Die schlechte Lage wurde hervorgerufen durch die neue Finanzreform (Tabaksteuergesetz, Zündholzsteuer etc.).
  2. Jedes Mitglied, das dem Verein 10 Jahre als aktiver Sänger angehört hat, soll mit einer Ehren-Urkunde ausgezeichnet werden und zwar erstmals auf dem Ball im Januar 1910.

 

Kulturelle Bedeutung des Vereins

Das öffentliche Auftreten der Vereine war zur damaligen Zeit von großer Bedeutung für das Leben der Bürger in unserem Heimatort. Das Vereinsleben ganz allgemein war für die Menschen die einzige Abwechslung in einer Zeit ohne Rundfunk, ohne Kino und Fernsehen. Durch den Mangel an modernen Verkehrsmitteln waren sie noch mehr auf das Geschehen im Wohnort fixiert. Jede Veranstaltung war ein Ereignis, an dem alle Einwohner lebhaften Anteil nahmen. Mit dem Beginn des Weltkrieges im Sommer 1914 war für viele Jahre damit Schluss.

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